Aus dem Kommunalwahlprogramm DIE LINKE. Wiesbaden 2021:

Wohnraum für alle

Bezahlbares Wohnen statt Verdrängung und Leerstand – für eine sozial-ökologische Stadtplanung

DIE LINKE. Wiesbaden will:

  • Milieuschutzsatzungen gegen Verdrängung, Luxussanierung, Zweckentfremdung und Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen (Gentrifizierung),
  • Eine Mindestquote von 33 % geförderten Wohnungen und 33 % Mietwohnungen und/oder Wohnungen nach Konzeptvergabe bei Neubauprojekten – für die städtischen Wohnungsgesellschaften sollte die Vorgabe von mindestens 50 % geförderten Wohnungen bei Neubauprojekten gelten,
    Unbegrenzte Mietpreisbindungen bei städtischen Gesellschaften und mindestens 30 Jahre bei privaten Investoren,
  • Einbeziehung der Ortsbeiräte und Bürgerbeteiligung bei allen Fragen der Stadtplanung.

Wem gehört die Stadt?

Was haben diejenigen zu sagen, die hier leben, arbeiten und wohnen? Wir LINKEN setzen uns für eine Stadtentwicklung ein, die Rücksicht nimmt auf die Bedürfnisse nach Kommunikation, nach kulturellen Angeboten, nach Naherholung und einer wohnortnahen Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs – eine Stadtentwicklung, die Integration und soziale Mischung fördert statt Segregation.
Die LINKE setzt sich für eine lebendige Innenstadt ein, in der die Menschen nicht nur in Bezug auf Konsum gefragt sind. Die hohen Ladenmieten in den zentralen Geschäftsstraßen und in den großen Einkaufszentren können nur die bekannten Handelsketten zahlen. Statt origineller Vielfalt und einer Orientierung an den Interessen der Kund*innen wird das Angebot mehr und mehr auf gewinnträchtige Waren reduziert. Die Kundenströme werden zu den großen Einkaufszentren gelenkt, was zur Folge hat, dass abseits gelegene Straßenabschnitte wie die obere Luisenstraße und das Kirchenreulchen veröden. Immer größere Verkaufsflächen führen zu einem brutalen Verdrängungswettbewerb im Einzelhandel.
Bis 2003 hatte für viele Jahre die Erhaltungssatzung die soziale und bauliche Entwicklung der Stadt bestimmt. Dann wurden städtische Immobilien im großen Stil verkauft, das städtische Wohnungsamt aufgelöst und die städtischen Wohnungsgesellschaften in GmbHs umgewandelt. Damit ist die politische Steuerung der Stadtentwicklung erschwert. Die Interessen des Kapitalmarktes werden begünstigt.
Die LINKE setzt sich für Milieuschutzsatzungen ein, um Leerstand, Luxussanierungen und die Verdrängung von Anwohner*innen in „billigere“ Gebiete zu verhindern.

Für eine soziale Wohnungspolitik

Foto: Ann-Christin Sparn, Sozialwohnungen in der Wilhelmstraße? – Fehlanzeige!

Soziale Wohnungspolitik ist eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge. Mieterinnen und Mieter dürfen nicht der Willkür eines ungeregelten Wohnungs- und Finanzmarktes ausgesetzt werden.
Die Zahl der beim städtischen Wohnungsservice registrierten Wohnungsgesuche von ca. 3.200, die ca. 7.000 Menschen repräsentieren, ist seit Jahren gleich geblieben. Es gibt allein 900 Dringlichkeitsfälle. Besonders betroffen sind Menschen mit geringem Einkommen, kleine Selbstständige, Alleinerziehende und Menschen mit Migrationshintergrund. Wer seine ehemalige Wohnung verliert oder nicht mehr halten kann, steht vor drastisch gestiegenen Mieten. Der hohe Bedarf an bezahlbaren Wohnungen ist in der auf Antrag der LINKE&PIRATEN Rathausfraktion erstellten Wohnbedarfsanalyse 2018 bestätigt worden. Ca. 2.000 Geflüchtete leben noch immer in Gemeinschaftsunterkünften. Ca. 40 % der in Wiesbaden lebenden Menschen sind berechtigt, eine Sozialwohnung zu beziehen. Die vielen hochpreisigen Neubauten, die an vielen Stellen der Stadt entstehen, fördern den Zuzug zahlungskräftiger Schichten nach Wiesbaden, decken jedoch nicht den wirklichen Bedarf an Wohnungen.
Die Quote von 15 % zu errichtenden Sozialwohnungen bei Neubauprojekten mit mehr als 25 Wohneinheiten wurde von der Kooperation von SPD, CDU und Grünen 2017 zwar auf 22 % erhöht, sie gilt nun aber erst bei Neubauprojekten ab 60 Wohneinheiten. Obendrein sorgen Ausnahmeregelungen dafür, dass unter dem Strich kaum mehr Sozialwohnungen gebaut werden als vorher. Deren Zahl fällt weiter: Der Bestand an Sozialmietwohnungen ist von ca. 28.000 Anfang der 1990er-Jahre auf nur noch knapp 9.000 im Jahr 2014 gefallen. Im Durchschnitt fallen ca. 266 Wohnungen pro Jahr aus der Bindung. Allerdings waren es 2017 allein mehr als 1.100!
Viele Aktivitäten der LINKEN wie die gegen Leerstand am Bismarckring 26, aber auch Anträge, Anfragen und Pressemitteilungen haben dazu beigetragen, dass das Thema „Bezahlbarer Wohnraum“ in der öffentlichen Diskussion eine Rolle spielt. Die LINKE setzt sich deshalb bei Neubauprojekten mit mehr als 20 Geschosswohnungen für eine Mindestquote von 33 % geförderten Wohnungen und 33 % Mietwohnungen und/oder Wohnungen nach Konzeptvergabe ein. Für städtische Wohnungsgesellschaften soll die Vorgabe von 50 % geförderten Wohnungen bei Neubauprojekten gelten. Mietpreisbindungen sollten bei städtischen Gesellschaften unbegrenzt und bei privaten Investoren mindestens 30 Jahren gelten.
Wir wollen die Wiedereinführung der Verordnung über das Verbot von Wohnraumzweckentfremdung und ein Vetorecht für Kommunen bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.

Ein Mietendeckel für Wiesbaden!
Die GWW ist in Wiesbaden die wichtigste Akteurin beim Bau von Sozialwohnungen. Damit sie diese Aufgabe auf lange Sicht wahrnehmen kann, muss auf die Ausschüttung der GWW von 3,75 Mio. Euro pro Jahr an die GWI – die städtische Dachgesellschaft für Immobilien – zugunsten des Baus von Sozialwohnungen und einer wirksamen Mietpreisbremse verzichtet werden.
Die vergangenen Mieterhöhungen von 2016, 2018 und 2019 haben die Mieter*innen der städtischen Gesellschaften mit etwa 3 Mio. Euro belastet. Bei vielen Mieter*innen der städtischen Gesellschaften, die eher über mittlere Einkommen verfügen, übersteigen die Mietlasten schon jetzt 30 % des Einkommens.  
Wir fordern – nach Frankfurter Vorbild –, dass GWW, GeWeGe und SEG die Miete frei finanzierter Wohnungen bis 2028 nur noch um 1 Prozent jährlich erhöhen. Dies wollen auch der Mieterbund Wiesbaden, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Initiativen „Wiesbaden sozial“ und „Gemeinwohl hat Vorfahrt“. Nach Berliner Vorbild setzen wir uns dafür ein, dass diese Regelung auch auf privates Wohneigentum übertragen wird.
Neben dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum besteht großer Bedarf an Wohnprojekten für alternative gemeinschaftliche Wohnformen wie Mehrgenerationenhäuser und Gemeinschaftsräume für Kunst, Kultur und Jugendstätten. Auch im Angesicht wachsender Altersarmut besteht Handlungsbedarf. Die Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen gilt es ebenso auszubauen. Das betrifft sowohl die städtische Infrastruktur und den Wohnungsbau wie die Bereitschaft, mit den Betroffenen zusammenzuarbeiten und sie einzubeziehen.

Mitsprache bei Großprojekten
Um eine Stadtentwicklung im Interesse der dort lebenden Menschen zu gewährleisten, unterstützen wir die Bürgerbeteiligung bei Großprojekten und anderen Fragen der Stadtplanung. Versuche, die Rechte der Ortsbeiräte bei der Bauleitplanung zu beschneiden, lehnen wir entschieden ab.
Der Gestaltungsbeirat, dem auswärtige Experten für verschiedene Aspekte der Stadtgestaltung angehören, hat in den letzten Jahren eine wichtige Rolle bei der Verwirklichung von Bauprojekten gespielt. Wir setzen uns dafür ein, dass die Vorschläge und Ratschläge dieses Gremiums noch stärker in der Stadtpolitik berücksichtigt werden.

 

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